Reim

Reim

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Reim [rai̮m], der; -[e]s, -e:
gleich klingender Ausgang zweier Verse:
einen Reim auf ein bestimmtes Wort suchen; ein Gedicht in Reimen.

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Reim 〈m. 1Gleichklang einer od. mehrerer Silben bei verschiedenem Anlaut ● \Reime bilden, drechseln, machen, schmieden ● gleitender od. reicher \Reim Reim, bei dem drei od. mehr Silben reimen, z. B. klingende - singende; klingender \Reim Reim, bei dem zwei Silben reimen, z. B. klingen - singen; Sy weiblicher Reim; reiner \Reim Reim, dessen sich reimende Silben völlig gleich klingen; stumpfer od. männlicher \Reim Reim, bei dem die einzige od. letzte Silbe des Wortes reimt, z. B. Klang - Sang; unreiner \Reim Reim eines offenen mit einem geschlossenen Vokal, z. B. finden - münden ● darauf kann ich keinen \Reim finden 〈fig.; umg.〉 das verstehe ich nicht; kannst du dir darauf einen \Reim machen? 〈fig.; umg.〉 verstehst du das?, kannst du dir das erklären?; ich suche einen \Reim auf „Buch“; einen Text in \Reime bringen [<mhd. rim „Reim, Verszeile, Verspaar“ <afrz. rime; zu fränk. *rim (ahd. rim) „Reihe“; zu idg. Wurzel *re-, *ar(ə) „fügen“]

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Reim , der; -[e]s, -e [mhd. rīm < afrz. rime, aus dem Germ., vgl. ahd. rīm = Reihe(nfolge)]:
a) (Verslehre) gleich klingende [End]silben verschiedener Wörter am Ausgang od. in der Mitte von zwei od. mehreren Versen, Zeilen:
ein weiblicher, männlicher R.;
-e bilden, schmieden;
sich <Dativ> einen R. auf etw. machen [können] (Vers 1);
b) kleines Gedicht mit gereimten Versen:
jedes Bild war mit einem R. versehen.

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Reim
 
[mittelhochdeutsch rīm, von altfranzösisch rime, dies aus dem Germanischen (althochdeutsch rīm »Reihe(nfolge)«)], Gleichklang zweier oder mehrerer Silben (vom letzten betonten Vokal an: Leben/schweben); sprachliche Kunstmittel, das dank seiner Einprägsamkeit, seiner stimmungserzeugenden Musikalität sowie wegen seiner Eignung, den strophischen Aufbau zu gliedern und rhythmische und metrische Einheiten abzugrenzen, in der Literatur vieler Völker erscheint. Im weiteren Sinn wird auch der Stabreim (Alliteration) als Reim bezeichnet.
 
Das Wort Reim findet sich zuerst im ausgehenden 12. Jahrhundert und bezeichnet hier den einzelnen Vers (Reimvers) als Kennzeichen der gebundenen (poetischen) Sprache im Unterschied zur Prosa (so noch in »Kinderroman«, »Kehr-R.«). Im 17. Jahrhundert begann »Vers« das zu bezeichnen, was man bisher »Reim« nannte, und Reim nahm allmählich die heutige verengte Bedeutung an.
 
 
In Europa wurde der Reim in der spätlateinisch-christlichen Hymnendichtung zum vorherrschenden Prinzip. In der deutschen Literatur begegnet der Reim seit ihren Anfängen in althochdeutscher Zeit. Schon Otfried von Weissenburg (»Evangelienharmonie«, zwischen 863 und 871 vollendet) verwendete ihn anstelle des bis dahin herrschenden Stabreims. Die Auffassung, dass der Reim als christliches Formelement im Zuge der Christianisierung den germanisch-heidnischen Stabreim verdrängt habe, ist angesichts der umfangreichen angelsächsischer und altnordischen christlichen Stabreimdichtung nicht haltbar.
 
In der deutschen Dichtung setzte sich der Reim schnell als ausschließliches poetisches Kunstmittel durch. Eine erste Blütezeit hatte die Reimkunst im Mittelalter in Minnesang und Troubadourdichtung, sodann in den oft spielerischen Experimenten hoch- und spätbarocker Reimvirtuosen des 17. Jahrhunderts. Erst im 18. Jahrhundert, als man teilweise auf antike Versmaße zurückgriff (F. G. Klopstock), gewannen reimlose Gedichte an Bedeutung (Ode, Hymne, freie Rhythmen), aus dem Englischen wurde der Blankvers übernommen. Goethe und v. a. die Stimmungslyrik der Romantik führten zu einer neuen Blüte der Reimpoesie. Seit dem Naturalismus tritt der Reim jedoch immer mehr zurück. Außerhalb des europäischen Kulturkreises ist der Reim ein bedeutendes Schmuckmittel in der arabischen, persischen, indischen und chinesischen Lyrik.
 
Reimarten:
 
Während anfänglich, und später noch in volkstümlicher Dichtung, der Gleichklang einer Silbe, meist der Endsilbe des Verses, mit einer anderen Silbe oder auch der Gleichklang allein der Vokale genügte (Assonanz), wurden bald der Einklang der Wortlaute vom Vokal der Hauptsilben an und sorgsame Unterscheidung der Vokalqualität selbst gefordert. Man unterscheidet im Deutschen Endreim (Aufeinanderreimen der Versschlüsse) und inneren Reim (Inreim, Binnenreim), an dem mindestens ein Wort innerhalb des Verses beteiligt ist. Der Binnenreim wird zum Schlagreim bei zwei unmittelbar aufeinander folgenden Reimwörtern: »singende, klingende«. Man spricht von Mittelreim, wenn die Wörter in der Versmitte reimen. Beim Mittenreim reimt das Versende mit einem Wort im Innern der folgenden oder vorangehenden Verszeile. Reimen die ersten Wörter zweier Verse, so spricht man von Anfangsreim. Im leoninischen Vers reimen Zäsur und Versende.
 
Stumpf oder männlich heißt der Reim, wenn einsilbige Wörter oder die letzte Silbe von Wörtern reimen (Strahl/Tal), klingend oder weiblich, wenn zwei Silben reimen (Worte/Pforte), gleitend oder reich, wenn drei oder mehr Silben reimen (zornige, dornige). Verteilen sich die Reimsilben auf zwei oder mehrere kurze Wörter, heißt der Reim gespalten. Nach Abfolge unterscheidet man Paarreim (aa, bb), Kreuzreim (ab, ab), umarmenden Reim (abba), Schweifreim (aab, ccb), Dreireim (aaa), verschränkten Reim (abc, abc), Kettenreim oder äußeren Reim (aba, bcb, cdc, usw.). Reimen zwei oder mehrere Verse, die verschiedenen Strophen angehören, spricht man von Körnern. Eingestreute reimlose Verse nennt man Waisen. - Stimmen die Reimsilben in Vokalen und Konsonanten (abgesehen vom Anlaut der ersten Reimsilbe) genau zusammen, so ist der Reim rein. Ist Vokal oder Konsonant im Laut etwas abweichend (erschienen/grünen), so ist der Reim unrein. Reimt auch der Anlaut der Reimsilbe mit, so heißt der Reim rührend (Wirt/wird; gilt im Deutschen als fehlerhaft, wird aber im Französischen als »rime riche« geschätzt). Der Schüttelreim entsteht, indem die anlautenden Konsonanten reimender Silben oder Wörter vertauscht werden (»Die böse Tat den Schächer reut/Doch nur weil er den Rächer scheut«).
 
 
A. Heusler: Dt. Versgesch., 3 Bde. (21956, Nachdr. 1968);
 
Die Genese der europ. Endreimdichtung, hg. v. U. Ernst u. a. (1977);
 I. Braak: Gattungsgesch. dt.-sprachiger Dichtung in Stichworten, Tl. 2: Lyrik, 2 Bde. (1978-79);
 I. Braak: Poetik in Stichworten (71990);
 W. Hoffmann: Altdt. Metrik (21981);
 B. Nagel: Das R.-Problem in der dt. Dichtung (1985);
 C. Wagenknecht: Dt. Metrik (31993);
 D. Breuer: Dt. Metrik u. Versgesch. (31994).
 

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1Reim, der; -[e]s, -e [mhd. rīm < afrz. rime, aus dem Germ., vgl. ahd. rīm = Reihe(nfolge)]: a) (Verslehre) gleich klingende [End]silben verschiedener Wörter am Ausgang od. in der Mitte von zwei od. mehreren Versen, Zeilen: ein stumpfer, klingender, weiblicher, männlicher R.; -e bilden, schmieden; ein Gruß, ein Glückwunsch in -en; *sich <Dativ> einen R. auf etw. machen [können] (↑Vers 1); b) kleines Gedicht mit gereimten Versen; Reimspruch: jedes Bild war mit einem R. versehen.
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2Reim, der; -[e]s [vgl. ↑gereimelt] (Jägerspr.): 1Reif (2).

Universal-Lexikon. 2012.

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